Die Tageslänge ist ein entscheidender Faktor für den Vogelzug

Vögel, die in höhere Breitengrade ziehen, profitieren von längeren Tagesaktivitäten

8. April 2021

Eine Studie, in der verschiedenste Arten über mehrere Jahre hinweg beobachtet wurden, hat herausgefunden, dass die Tageslänge einer der wesentlichen Faktoren für die Migration von Vögeln ist. Die im Journal of Animal Ecology veröffentlichte Studie ist die erste, die aufzeigt, dass die Verfügbarkeit von Tageslicht eine entscheidende Ursache für das globale Phänomen Vogelzug sein könnte, an dem jährlich Milliarden von Vögeln beteiligt sind.

"Migrationsmuster haben sich im Laufe der Evolution verändert, aber in letzter Zeit verändern sie sich aufgrund des menschlichen Einflusses im Anthropozän schneller", sagt Ivan Pokrovsky, Postdoktorand am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und Erstautor der Studie. "Das Verständnis, dass die Tageslänge ein primäres, vereinheitlichendes Konzept ist, wird Wissenschaftler:innen und Naturschützer:innen helfen, zukünftige Veränderungen der Migration, die durch menschliche Aktivitäten verursacht werden, vorherzusagen."

Tiere wandern, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Es ist bekannt, dass Faktoren wie die Vermeidung von Raubtieren oder die Suche nach Nahrung und geeigneten Brutplätzen die Entscheidungen der Tiere beeinflussen, wann und wohin sie wandern.

Milliarden von Vögeln wandern jährlich, und fast alle ziehen entlang eines Breitengrades in Richtung eines Pols, was bedeutet, dass sie im Sommer an Tageslichtstunden gewinnen. Ob die Zugvögel von diesen längeren Tagen profitieren, indem sie zum Beispiel mehr Zeit zum Füttern haben, war bisher unklar und schwer über Zeit, Raum und Arten hinweg zu analysieren.

Durch die Untersuchung des Verhaltens von vier sehr unterschiedlichen Arten von Langstreckenzugvögeln versuchten die Forscher:innen zu beantworten, ob die Zugvögel von den längeren Tagen profitieren, indem sie ihre Tagesaktivitäten erhöhen. Das Team von Wissenschaftler:innen, zu dem Pokrovsky, Wolfgang Fiedler und Martin Wikelski gehörten, wurde von der Hauptautorin Andrea Flack geleitet.

Die vier untersuchten Arten - Raufußbussarde, Weißstörche, Blässgänse und Himalayageier - unterscheiden sich in ihrem Verhalten bei der Nahrungssuche. Gänse und Störche sind Bodenfresser, während Geier und Bussarde im Flug nach Nahrung suchen. Gleichzeitig erleben diese Arten unterschiedliche Amplituden des jährlichen Tageslichtwechsels, da zwei Arten (Bussarde und Gänse) in die Arktis ziehen, während die anderen beiden (Störche und Geier) in mittleren Breiten bleiben.

GPS-Logger und Beschleunigungsmesser, die an 63 Individuen angebracht waren, lieferten alle 10 Minuten Informationen über den Standort und die Bewegungsaktivität der Vögel. Diese fortschrittliche Tracking-Technologie ermöglichte es den Forscher:innen, das Verhalten von Zugvögeln zu vergleichen, die während ihres Lebenszyklus verschiedene Tageslichtregimes erleben.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Vögel die längeren Tage nutzen, wenn sie vom Winterquartier in die Brutgebiete ziehen: Alle vier Arten waren an Tagen mit mehr Tageslichtstunden über längere Zeiträume aktiv.

Bei näherer Betrachtung zeigten sich zwei unterschiedliche Muster der Tagesaktivität. Fliegende Futtersammler - Mäusebussarde und Geier - zeigten zunehmende Aktivitätsmuster, wobei sich die Aktivität gleichmäßig mit der Sonnenbewegung veränderte. Im Gegensatz dazu zeigten die Bodenfresser - Störche und Gänse - ein konstantes Aktivitätsmuster, wobei sie ihre Aktivität sofort auf ein bestimmtes Niveau steigerten und dieses Niveau den ganzen Tag über beibehielten.

Die Studie bestätigt, dass die Migration in Regionen mit längeren Tagen für Vögel mit sehr unterschiedlichen Lebensgewohnheiten von Vorteil ist. Lange Tage ermöglichen ein höheres Aktivitätsniveau, so dass die Vögel diese Aktivität mit einem geringeren Energieaufwand erreichen können.

"Das hat wichtige Implikationen für die Erforschung der Entscheidungsfindung von Tieren", sagt Pokrovsky. "Selbst in einer sich schnell verändernden Welt bleibt die Tageslänge stabil." Die Erkenntnis erhält zusätzliche Relevanz für empfindliche Ökosysteme wie die Arktis, wo die Tageslänge eine große Rolle spielt und die rasche Erwärmung bereits die terrestrischen Tundra-Ökosysteme beeinträchtigt.

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