Vogelzug

In meiner Funktion als Max-Planck-Fellow am MPI-AB habe ich seit 2020 dazu beigetragen, eine weltweit einzigartige Langzeitstudie über Zugvögel am Bodensee wieder aufzunehmen. Die Studie wurde 1972 vom ehemaligen MPI-Direktor Peter Berthold ins Leben gerufen und fand jährlich auf der Halbinsel Mettnau statt, einem wichtigen Zwischenstopp für Vögel auf der Westseite des Sees. In jeder Saison vom 30. Juni bis zum 6. November wurden mehr als 50 Netze entlang eines Streifens unterschiedlicher Lebensräumen aufgestellt, die von dichtem Buschwerk bis zu Schilfgürteln reichten. Die Netze wurden immer auf die gleiche Weise aufgestellt und von Beginn der bürgerlichen Dämmerung am Morgen bis zum Ende der bürgerlichen Dämmerung am Abend zu jeder vollen Stunde kontrolliert. Das Programm zielte darauf ab, die langfristige Populationsdynamik, Phänologie und Physiologie von Singvogel-Migranten sowie ökologische Aspekte von Zugvögeln wie Habitatnutzung und Nahrungspräferenz an einem Zwischenstopp zu untersuchen. Es führte zu vielen einflussreiche Veröffentlichungen und setzte Standards für ähnliche Fangprojekte, die anderswo folgten. Das Programm lief bis 2008.

Am 30. Juni 2022, dem 50-jährigen Jubiläum seiner Gründung im Jahr 1972, wurde das Programm auf Mettnau nach den ursprünglichen Protokollen neu gestartet. Die Fangaktion lief über drei Jahre (2022–2024), erweiterte die Erkenntnisse aus der ursprünglichen Studie, indem sie einen Einblick in das Zugverhalten von 32 Arten über ein halbes Jahrhundert boten. Insbesondere suchen wir nach Veränderungen in der Phänologie des Herbstzugs, der äußeren Morphologie (Flügellänge) und den konditionellen Maßen (Körpermasse, Fettwert). Diese standardisierten Langzeitdaten werden entscheidende Erkenntnisse darüber liefern, wie es den Zugvögeln in Deutschland unter Stressfaktoren wie dem Klimawandel geht.

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