Klein sein als Herausforderung - Alternative Überwinterungsstrategien in nicht winterschlafenden Säugetieren mit hohem Stoffwechsel

Klein sein als Herausforderung - Alternative Überwinterungsstrategien in nicht winterschlafenden Säugetieren mit hohem Stoffwechsel

Rotzahnspitzmäuse (Sorex ssp) sind ideale Modellorganismen, um die Evolution von Gehirngröße unter energetischen Einschränkungen zu untersuchen. Viele Sorex Arten schrumpfen saisonal und lassen dann das Gehirn, Teile des Skelettes und den Schädel wieder wachsen. Während diese saisonalen Größenunterschiede, bekannt als Dehnel’s Phänomen, in Museumsaufzeichnungen beobachtet wurden, haben wir sie zum ersten Mal in wiederholten Messungen in gleichen Individuen gezeigt und die Größenänderung und Zellarchitektur von unterschiedlich betroffenen Hirnregionen beschrieben. Wir untersuchen auch die Physiologie der Spitzmäuse zu unterschiedlichen Phasen des Schrumpfens und Nachwachsens unter drastischen Änderungen in den Umweltbedingungen und erforschen zudem, wie die Hirngrößenänderung sich auf die kognitiven Fähigkeiten auswirkt.

Die kleinsten Marderartigen (Mauswiesel, Mustela nivalis) teilen einige Eigenschaften mit Spitzmäusen, beispielsweise die längliche Körperform, das Jagdverhalten oder den hohen Stoffwechsel. Wir zeigten, dass M. nivalis und auch der weitaus größere und länger lebende Amerikanische Mink (Neovison vison) und möglicherweise der Europäische Iltis (M. putorius) auch Dehnel’s Phänomen aufweisen. Wir konnten anhand von Schädelmessungen von Museumspräparaten die saisonale Variation im Schädel dieser Arten untersuchen und dabei zusätzliche Variablen wie Breitengrad, Höhenmeter, Geschlecht und Alter berücksichtigen, welche teilweise das Muster des Phänomens beeinflussen können. Wir sind sehr begeistert, dass wir saisonale Größenänderungen in Schädel und Gehirn auch in anderen Arten finden konnten, welche taxonomisch nicht sehr nahe mit Spitzmäusen verwandt sind. Hier arbeiten wir mit Karol Zub und Andrzej Zalewski sowie unserem früheren Postdoc Scott LaPoint zusammen, um Fragen zu beantworten, welche in den winzigen und sehr stressanfälligen Spitzmäusen nicht zu erforschen sind.

Derzeit arbeiten wir an den Mechanismen und Konsequenzen des Phänomens in einem von Human Frontiers finanzierten Projekt. Wir scannen mehrmals im Jahr das Gehirn der Spitzmäuse in einem MRI und korrelieren individuelle Änderungen in der Größe und der Struktur mit Änderungen in den kognitiven Fähigkeiten. Das ist das Thema von Cecilia Baldonis Doktorarbeit und findet in Kollaboration mit Dominik von Elverfeldt statt. Wir untersuchen zudem zusammen mit William Thomas und Liliana Davalos Änderungen in der Genexpression in einer Auswahl von Genen, welche möglichweise mit den Veränderungen in Individuen derselben Population zusammenhängen. Wir untersuchen außerdem zusammen mit John Nieland und seinem Team Änderungen im Fettstoffwechsel und wie das Phänomen möglicherweise Aufschluss geben kann in der Erforschung von neurogenerativen Krankheiten im Menschen.

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